Wo könnte es für einen Auslandaufenthalt schöner sein, als an einem warmen und sonnigen Ort? Kevin Keiner, ehemaliger Wissenschaftsjournalismus-Student, dachte sich dies und anderes – und wurde deshalb zum Reporter im sommerlichen Portugal.
Von Clarissa Yigit
Kevin hat von 2012 bis 2015 am Dieburger Mediencampus Wissenschaftsjournalismus studiert. Im vierten Semester zog es ihn dann ins Ausland; genauer: nach Portugal. England war zwar auch eine Option, da er seine Sprachkenntnisse verbessern und den britischen Journalismus besser kennenlernen wollte.
Aber dann wurde es doch Portugal. Warum? Kevin hat dazu eine klare und konkrete Antwort: Sein Vater, der ebenfalls Journalist ist, hatte bereits in Portugal für ein Magazin gearbeitet. Da der Sohn dachte, dass dies auch für ihn eine lehrreiche Erfahrung sein könne, bewarb er sich bei der selben Redaktion.
So nahm der heute 27-jährige Marktforscher aus München das Abenteuer 2014 in Angriff und bewarb sich beim Magazin “Entdecken Sie Algarve (ESA)“. Und es klappte: Nach Vorstellungsgesprächen per Skype und Mail bekam er den Praktikantenvertrag für die Zeit von Juni bis September, der Ort: Lagoa an der Algarve-Küste in Portugal.
Kein Verdienst, kein Portugiesisch
In dem sonnigen Örtchen befand sich nicht nur sein Arbeitsplatz, sondern auch Wohnort. Die Wohnung bekam er über die Redaktion vermittelt. Eine Kollegin erklärte sich bereit, ihn als Untermieter einzuquartieren. Mit ihr fuhr Kevin dann auch häufig zur Arbeit. Da er kein Geld – wie heute meistens üblich – für sein Praktikum erhielt, setzte er sich frühzeitig mit der Planung auseinander, wie er den Auslandsaufenthalt finanzieren könne. Aber auch für die sprachliche Verständigung sorgte er vor.
Vorbereitungen: Auslands-Bafög und Erasmus-Antrag
„Ich dachte, es wäre sinnvoll, einen Einsteigerkurs Portugiesisch A1 im dritten Semester an der h_da zu absolvieren. Es war zwar nicht vorgeschrieben, aber es war eine Erleichterung.“ Schon alleine, weil er nicht zentral in der Touristenhochburg am Meer lebte, wo fast jeder Zweite Deutsch oder Englisch spricht, sondern ungefähr zehn Kilometer entfernt. So reichte dann das erlernte Portugiesisch für eine Bestellung im Café vollkommen aus.
Aber auch die finanzielle Seite wollte abgedeckt werden. „Da ich nur den Wohnsitz gestellt bekommen habe, beantragte ich ungefähr drei Monate vor Praktikumsbeginn das Auslands-BAföG sowie ein Erasmus-Stipendium“ erklärt Keiner. Das Stipendium zu beantragen war etwas aufwendiger. Hierfür musste er ein Motivationsschreiben erstellen, klar definieren, weshalb es gerade dieser Praktikumsplatz sein sollte und beschreiben, wie er dort wohnt.
Danach mussten die ganzen Anträge unterschrieben, eingescannt und zum Arbeitgeber gemailt werden. Dieser musste unterschreiben und die Dokumente zurücksenden. Die Schwierigkeit hierbei war, dass dabei keine Zeit verloren gehen durfte, um Fristen einzuhalten. Andernfalls wäre Kevin das Erasmus-Stipendium verwehrt geblieben. Am Ende des Praktikums wurde außerdem noch ein Bericht über seinen Auslandsaufenthalt für das Erasmus-Stipendium verlangt.
Bei den Anträgen half das International Office in Dieburg. Um das Auslands-BaAföG zu bekommen, musste Kevin sich mit der zuständigen Stelle für Portugal in Saarbrücken in Verbindung setzen.
Endlich in Portugal
Als der Kevin endlich in Portugal ankam, wurde er gleich von seiner Chefredakteurin Arabella Gaspar empfangen. Diese zeigte ihm die Redaktion und begleitete ihn auch häufig bei Auswärtsterminen. „Im ersten Monat war es auch nötig, dass mir geholfen wurde. Aber ab dem zweiten und dritten war dies kein Problem mehr“, erinnert sich der Wissenschaftsjournalist.
Das Arbeitsklima der ESA sei sehr locker, meint Kevin. Das liege auch daran, dass die Portugiesen eine entspanntere Arbeitsweise als die Deutschen haben. „Vielleicht macht das die Sonne aus“, scherzt er. Kevins Aufgabenbereiche waren vielfältig. Da das Magazin sehr urlaubsorientiert arbeitet und viele Deutsche, Briten und Franzosen an der Algarve wohnen, ähneln seine Artikel oft Reiseberichten.
Sie sollen die dort lebenden Ausländer mit News aus der Umgebung versorgen. Daher hat Kevin verschiedene Events in der Umgebung besucht und darüber geschrieben. Aber auch Naturreservate oder touristische Attraktionen rund um Sonne, Strand und Meer waren Teil der Berichterstattung. Dabei schrieb er in Deutsch und Englisch.
Heimweh und Karla Kolumna
Allerdings gibt der Jungjournalist zu, dass ihm schon seine Freundin, Familie und Kumpels gefehlt haben. Abend sei er nur ausgegangen, wenn ihn Freunde besuchten. „Außerdem hatte ich nach der Arbeit nicht mehr so viel Energie“, sagt er um zu erklären, weshalb das Nachtleben an der Algarve für ihn eher dürftig ausfiel.
Ab und an unternahm Kevin etwas mit Praktikanten aus der Redaktion. Um die Gegend zu erkunden, lieh er sich einen Roller . „Ich habe mich lieber nicht auf die öffentlichen Verkehrsmittel verlassen. Ich glaube, die sind in Portugal noch unzuverlässiger als in Deutschland“, witzelt er. Aber wie ein Tourist hat er sich nicht gefühlt. Scherzhaft ergänzt er: „Ich war die Karla Kolumna der Algarve.“ Er erzählt von einer Imkerei, die er besucht hat. Und einem Kletterwald. Auch hat Kevin viel das Inland erkundet.
„In Portugal kannst Du kreativer schreiben“
Den größten Unterschied zwischen einer deutschen und einer portugiesischen Redaktion sieht Kevin in der Herangehensweise: „Die Deutschen sind mehr auf Details aus, während du in Portugal schon kreativere Texte schreiben kannst. Eben Storytelling.“ Aufgefallen sind ihm journalistische Unterschiede aber auch bei der Art der Berichterstattung. So wird bei dem Magazin viel mit Info-Kästchen gearbeitet, in denen das Wesentliche drin steht. Normal sei aber auch, dass oftmals Textsorten wie Reportage, Feature und andere miteinander vermischt werden.
Auf die Frage, ob er solch einen Auslandsaufenthalt weiter empfehlen würde, kommt sofort das „unbedingt“. Schon alleine für alle, die mal dem Alltag entfliehen wollen, sei es eine gelungene Abwechslung. Und nicht zu vergessen, die interkulturellen Erfahrungen, die man bei solch einem Praktikum sammeln kann. Dies sei für jeden etwas, der seinen Horizont erweitern will.